The Imitation Game: Benedict Cumberbatch zwischen Mensch und Maschine
Gleich achtmal wurde The Imitation Game für den Oscar nominiert – und steht damit nur knapp hinter Birdman und Grand Budapest Hotel, die jeweils auf neun Nominierungen kommen. Sowohl Hauptdarsteller Benedict Cumberbatch als auch Keira Knightley als „Best supporting actress“ sind nominiert. Grund genug also, sich den Film einmal anzusehen und seine Oscar-Chancen einzuschätzen.
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The Imitation Game erzählt die Geschichte des ebenso genialen wie sozial inkompetenten Mathe-Professors Alan Turing, der während des 2. Weltkriegs einen der ersten Computer entwirft, um die als unknackbar geltende Verschlüsselungsmaschine ENIGMA der Nazis entschlüsseln zu können. In einer Zeit, in der die Geheimdienste der Welt entweder bereits alle Kommunikation abhören oder es zumindest gerne wollen also ein durchaus aktuelles Thema. Doch dankenswerterweise haben die Drehbuchautoren darauf verzichtet, diesen Spin aufzugreifen und liefern stattdessen ein beeindruckendes Biopic mit historischem Kontext ab, in dessen Mittelpunkt nicht der Mathematiker und Kryptograf, sondern der Mensch Turing steht.
Auf den Spuren Alan Turings
So spielt sich die Haupthandlung des Films zwar im Bletchley Park ab, in dem Turing mit einem Team von Mathematikern und Linguisten versucht, den ENIGMA-Code zu brechen, dieser Plot wird allerdings immer wieder durch Flashbacks und Flashforwards zum deutlich jüngeren bzw. etwas älteren Turing unterbrochen. Regisseur Morten Tyldum und Editor William Goldenberg (beide Oscar-nominiert) weben diese Zeitsprünge aber gekonnt in die Handlung ein, so dass während Turing beginnt, der Nazi-Verschlüsselung Schritt für Schritt auf die Spuren zu kommen, der Zuschauer den Filmhelden Stück für Stück besser kennen und verstehen lernt.
Der schwule Turing hadert nicht nur mit der Teufelsmaschine der Nazis, sondern auch mit der eigenen Identität. In einer Zeit, in der Homosexualität in Großbritannien unter Strafe steht, versucht der ohnehin von der Welt sozialer Beziehungen überforderte Protagonist, seinen eigenen Weg zu finden. Zur Seite steht ihm dabei in der Realität wie im Film die Kryptografin Joan Clarke (Keira Knightley), die ebenfalls an der Entschlüsselung der ENIGMA-Maschine arbeitet, doch unter dem immer größer werdenden Berg an Geheimnissen droht der so schon eher fragile Turing zu zerbrechen.
Grautöne statt Schwarz und Weiß
Durch die Betrachtung über die rein mathematisch-logische Arbeit Turings hinaus vermeidet der Film das typische schwarz-weiß-Modell von Kriegsfilmen und zeigt stattdessen viele Grautöne, die letztlich auch den Reiz an The Imitation Game ausmachen. Die wirklich wichtigen Fragen des Films stellen sich dementsprechend auf der Meta-Ebene, und es sind Fragen über die menschliche Natur, über den Umgang mit dem Andersartigen und über die Freiheit, sein Leben selbstbestimmt leben zu können.
Cumberbatch beeindruckt, Knightley weniger
Benedict Cumberbatch brilliert dabei in der Rolle des Alan Turing. So logisch seine Besetzung nach den Rollen als Quasi-Asperger-Sherlock-Holmes und des hyperintelligenten Khan aus Star Trek erscheint, so groß war auch die Gefahr, eine reine Wiederholung bereits Bekannten zu schaffen. Doch Cumberbatch überrascht mit einer großartigen Leistung, bei der er nicht in alte Muster zurückfällt, sondern sowohl dem Mathematiker Turing als auch dem Menschen eine eigene Note verleiht, die ihn trotz oder gerade wegen seiner Andersartigkeit als Identifikationsfigur für den Zuschauer prädestiniert. Anders verhält es sich leider bei Keira Knightley, die als Freundin und Mitarbeiterin des Genies eher eine durchschnittliche Leistung abliefert und in ihrer ewigen Rolle als das liebe (und schöne) Mädchen von nebenan verhaftet bleibt. Die zahlreichen Nebenrollen sind gut besetzt, bleiben aber eher flach – was aber weniger den Schauspielern als der Fokussierung auf Turing und Clarke geschuldet ist.
Mit dem Oscar wird es schwierig
Mit The Imitation Game ist dem norwegischen Regisseur Morten Tyldum (zuvor allenfalls durch Jo Nesbø’s Headhunters bekannt) ein großer Wurf gelungen, der zu Recht für den Oscar nominiert wurde. Auch Benedict Cumberbatch hätte die Auszeichnung verdient, hat aber mit Michael Keaton in der Oscar-Logik, die gerne Filme über das Showbiz und verdiente Schauspieler belohnt, und mit dem sympathischen Eddie Redmayne aus Die Entdeckung der Unendlichkeit starke Konkurrenz. Gute Chance dagegen kann sich Alexandre Desplat ausrechnen, der sowohl für seinen Soundtrack zu The Imitation Game als auch für Grand Budapest Hotel nominiert wurde. Unabhängig von der Entscheidung der Academy ist The Imitation Game aber ein sehr sehenswerter Film – wer es noch nicht getan hat, sollte das also unbedingt nachholen!
Was die Leute sagenJonas-Rating (zählt natürlich doppelt) IMDB.com Rotten Tomatoes Metacritic |
Gesamtnote
8,41 |
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