Baymax: Große Helden ohne große Neuerungen
Mit Baymax – Riesiges Robowabohu wagen sich die Disney Animation Studios einmal mehr aus dem Schatten des großen Bruders Pixar. Schon mit Rapunzel – Neu verföhnt und Frozen haben sie unter Beweis gestellt, dass sie der hausinternen Konkurrenz durchaus gewachsen sind. Gelingt ihnen das auch mit dem liebenswerten aber etwas tollpatschigen Roboter Baymax?
Warum gucken? | Warum nicht gucken? |
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Um eines mal vorweg zu nehmen: Wer auch immer bei Disney Deutschland für die Namensgebung verantwortlich ist, gehört gekidnappt, gefesselt und für den Rest seines Lebens mit Rolf-Zuckowski-Liedern beschallt. Während den Originaltitel von Rapunzel – Neu verföhnt (Tangled) in Deutschland vielleicht wirklich niemand verstanden hätte, ist die Übersetzung von Frozen mit Die Eiskönigin – Völlig unverfroren allenfalls noch sprachlicher Unfug. Aber Big Hero 6 mit dem Wortungeheuer Baymax – Riesiges Robowabohu zu übersetzen, ist schlichtweg geschäftsschädigend.
Rückt Disney von seiner Arbeitsteilung ab?
Doch wenn nichts anderes, zeigt die (deutsche) Namensgebung die Arbeitsteilung, die im Hause Disney anscheinend nach wie vor herrscht: Pixar darf Filme für Erwachsene machen, Disney Animation Studios macht Filme für Kinder. Allerdings nähern sich die Animation Studios immer weiter an den „höherwertigen“ großen Bruder Pixar an, was nicht zuletzt daran zu erkennen ist, dass Ralph Reicht’s und Frozen in guter Pixar-Manier Vorfilme verpasst bekommen haben (von denen Paperman sogar einen Oscar gewonnen hat).
Baymax setzt diese Entwicklung fort und steigt für einen sogenannten Kinderfilm ziemlich knallhart ein: Der große Bruder des Protagonisten Hiro kommt bei einer Explosion im Roboterlabor der San Frantokyo Universität ums Leben. Damit reiht sich der Film ein in Disney-Klassiker wie König der Löwen oder Bambi, die ebenfalls durch den frühen Verlust einer Vaterfigur geprägt sind. Hiro jedenfalls wird aus der Bahn geworfen – nur der zuvor von seinem großen Bruder als medizinischer Assistent programmierte Baymax kann ihn davon abhalten, völlig in der Einsamkeit zu versinken. Er macht sich auf die Suche nach dem Schuldigen für den Tod seines Bruders.
Viele Vorbilder, wenig Neues
Ein vergleichsweise klassischer Aufbau, der dem Zuschauer als eine Mischung aus Wallace und Gromit, Die Unglaublichen und WALL-E präsentiert wird. Wie bei WALL-E steht ein eher unbeholfen wirkender Roboter im Zentrum der Handlung, dessen große Naivität eigentlich nur noch von einem noch größeren Herzen übertroffen wird. Von Wallace und Gromit leiht sich der Protagonist Hiro einen unbändigen Erfindergeist und die Fähigkeit, innerhalb weniger Minuten Großartiges zu schaffen, aus. Und von den Unglaublichen letztlich kommt die Vorlage für ein Team unterschiedlichster Charaktere, die am Ende doch gemeinsam stark sein können.
Also alles schon dagewesen und abgeguckt? Tatsächlich hat Baymax nicht wirklich viel Neues zu bieten. Trotzdem schaffen es die Köpfe hinter Baymax durchaus, eigene Akzente zu setzen. Hier und da klingt beispielsweise ein bisschen Science-Fiction durch. Wie bei den Erfindungen von Hiro: Herrschte bei Wallace und Gromit noch ein gewisser Steam-Punk-Charme, schmeißt Hiro bei seinen Geistesblitzen den 3D-Drucker an. Und wenn mit „San Frantokyo“ einfach mal zwei Großstädte fusionieren, die immerhin der gesamte Pazifische Ozean trennt, erkennt man ein gewisses Augenzwinkern bei der Sache. Dennoch bleibt der Film insgesamt sehr durchschaubar und zielt eindeutig auf ein jüngeres Publikum ab. Womit er letztlich weit hinter intelligenteren Pixar-Streifen wie WALL-E oder Oben zurückbleibt – und ihm im Gegensatz zu Ratatouille schlicht das Novum fehlt.
Dennoch: Gut abgekupfert ist besser als schlecht neu gemacht. Außerdem besticht der gutmütige Baymax und hier und da finden sich echte Lacher. Eine flotte Handlung sorgt dafür, dass sich zumindest Animations-Fans nicht langweilen, und so kommt der Film insgesamt bei mir auf 7,6 Punkte.
Was die Leute sagenJonas-Rating (zählt natürlich doppelt) IMDB.com Rotten Tomatoes Metacritic |
Gesamtnote
8,02 |
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